Anlass und Ziele
Warum Licca Liber?
Der Lech entspringt in Österreich in den Lechtaler Alpen und mündet nach 256 Kilometern Länge bei Rain in die Donau. Ursprünglich floss er in einem breiten Flussbett mit zahlreichen verzweigten Rinnen. Die Flusslandschaft war geprägt von regelmäßigem Hochwasser, das die Auen überflutete und Gesteinsmaterial mit sich führte. Dieses Geschiebe lagerte sich ständig um und sorgte so für eine stetige Veränderung des Flusslaufs.
Das Lechhochwasser 1910
Um die Siedlungen vor Hochwasser zu schützen und Flächen für die Landwirtschaft zu gewinnen, begradigte man ab Mitte des 19. Jahrhunderts den Lech und befestigte die Ufer. Dadurch erhöhte sich die Fließgeschwindigkeit des Flusses, was zur gewünschten Eintiefung des Flusses führte. Es zeigte sich jedoch, dass die kontrollierte Sohlerosion schnell weit über das beabsichtigte Maß eintrat, so dass die Flusssohle stetig, insbesondere bei Hochwasserereignissen, abgetragen wird. Diesen Prozess versuchte man mit quer zur Fließrichtung angelegten Bauwerken zur Stützung der Sohle einzudämmen. Diese Querbauwerke wurden aber immer wieder durch Hochwasser beschädigt oder völlig zerstört.
Mit dem Ausbau der Wasserkraftnutzung ab 1898 am Gersthofer Wehr wurden viele Stützbauwerke zu massiven Wehren mit Wasserkraftturbinen umgerüstet. Die nun standhafteren Bauwerke veränderten aber sowohl das Erscheinungsbild des Lechs als auch – besonders durch die Errichtung der Staustufen – massiv dessen Transportfähigkeit für Kies.
Zwar schränkte man die Erosion im Staubereich ein, gleichzeitig jedoch entstanden Barrieren für das Gesteinsmaterial, das der Lech mit sich führt. Unterhalb der Staustufen fehlt damit das Geschiebe, das für eine stabile Flusssohle nötig wäre. Dies verstärkt wiederum die Eintiefung des Lechs.
Heute hat der Lech seinen natürlichen Charakter fast gänzlich verloren. Die Probleme, die sich dadurch ergeben, sind vielfältig.
- Gefahr von beschleunigter Eintiefung, dadurch lokal sinkender Grundwasserspiegel
- Stabilitätsgefahr für Ufersicherungen, Deiche, Brücken- und Stützbauwerke
- starke Einschränkung der ökologischen Vielfalt (Trockenlegung der Auwälder, fehlende Kiesbänke, mangelnde Vernetzung von Lebensräumen für viele Tierarten und Organismen)
Nach der EU-Wasserrahmenrichtlinie gilt der Lech bereits als "stark verändert" mit einem nur "mäßigen ökologischen Potenzial". Diese Einstufung soll nun – den Bewirtschaftungsgrundsätzen des Wasserhaushaltsgesetzes folgend – verbessert werden.
Ziele
Ziel des Projekts Licca liber ist es, den Lech wieder seinem ursprünglichen Charakter so weit wie möglich anzunähern. Gleichzeitig verhindern wir die weitere Eintiefung und geben dem Fluss die Chance auf eine naturnahe Entwicklung. Damit wollen wir die Bewertung des ökologischen Potenzials nach der EU-Wasserrahmenrichtlinie von "mäßig" auf "gut" erhöhen.
Als integriertes Projekt berücksichtigt Licca liber sowohl wasserwirtschaftliche als auch ökologische Ziele und Interessen Dritter. Eine intensive Zusammenarbeit mit Naturschutzorganisationen sowie allen weiteren Interessensvertretern ist daher ausdrücklich erwünscht und vorgesehen.
Wo genügend freie Fläche zur Verfügung steht, soll sich der Lech wieder frei entfalten können
Unsere Ziele im Detail:
Stabilisierung des Lechs
Als Grundlage für alle weiteren Ziele planen wir, die Flusssohle zu stabilisieren und damit eine weitere Eintiefung zu verhindern. Durch sohlstützende Steinrampen, Sohlbelegungen, Deichrückverlegungen und Uferaufweitungen stellen wir das Gleichgewicht zwischen angeschwemmtem und wegtransportiertem Kies wieder her. Externe Kieszugaben sowie ungesicherte Ufer, aus denen bei Hochwasser Kies gewonnen wird, sollen die fortschreitende Erosion der Sohle verhindern.
Gleichzeitig erhalten bzw. verbessern wir den Hochwasserschutz, indem wir den natürlichen Wasserrückhalt fördern.
Welche Maßnahmen wir in welcher Kombination anwenden, soll im offenen Planungsprozess erarbeitet werden.

Renaturierung des Lechs
Mit seinen begleitenden Auen bietet der Lech Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten. Er gilt als eine der bedeutendsten Flusslandschaften Bayerns. In enger Abstimmung mit allen betroffenen Naturschutzorganisationen stärken wir die Ökologie des Flusses und verbessern so die Lebensbedingungen für die heimische Tier- und Pflanzenwelt, z.B. durch:
- die Anbindung von bereits zurückgebildeten Auelandschaften
- die Herstellung der Gewässerdurchgängigkeit an Querbauwerken im Fluss
- die Verbesserung der Strukturen im und am Gewässer als Voraussetzung für vielfältige Lebensräume
- die Schaffung von Überschwemmungsflächen für die Entwicklung von Auen, auch durch ökologische Flutungen
- die Stärkung der Wechselbeziehungen zwischen Fluss- und Landökosystemen sowie Biotopen
Der Auwald bietet Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen
Sohlrampen
Hochwasserschutz
Durch eine ganze Reihe von Maßnahmen wurde zwischen 1999 und 2005 die Speicherbewirtschaftung des Forggensees zum Hochwasserschutz am Lech verbessert. Dadurch entschärfte man die Hochwassersituation im gesamten Unterlauf des Lechs.
Im Zuge der Umsetzung der EG-Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie wurden auch für den Lech hydraulische Berechnungen durchgeführt sowie Hochwassergefahren und -risikokarten erstellt.
Nach den aktuellen Erkenntnissen ist der Schutz gegen ein hundertjährliches Hochwasser gewährleistet. Oberster Grundsatz unserer Planungen ist, dass die Hochwassersituation für niemanden verschlechtert wird.
Weitere Entwicklungsziele für den Lech
Der den Lech begleitende Grundwasserstrom gilt als eines der bedeutendsten Trinkwasservorkommen in Bayern. Dieses Grundwasser erhalten und sichern wir weiterhin als Trink- und Brauchwasser.
Gleichzeitig möchten wir den Lech an geeigneten Stellen als Naherholungsraum erlebbar machen. Dabei soll der an vielen Stellen unnahbar gewordene Fluss wieder zugänglich gemacht werden.
Naherholungs- und Erlebnisraum Lech
Erschließung des Lechs als Naherholungs- und Erlebnisraum
Einteilung in Planungsabschnitte
Aufgrund der Größe des Projekts plant das Wasserwirtschaftsamt in Abschnitten, die der Reihe nach bearbeitet werden. Der dabei gewonnene Erfahrungsschatz kann in den nächsten Abschnitten genutzt werden und der mobilisierte Kies kann auch in den folgenden Lechabschnitten zur Sohlstabilität beitragen.