Bedarfsplanung

Was geschähe, wenn ein extremes Hochwasserereignis in der Region auftreten würde? Mit welchen Schäden wäre zu rechnen und wo wäre das Schadenspotenzial am höchsten? Eine umfangreiche Untersuchung des Ingenieurbüros Franz Fischer GmbH zeigt diese Schadenspotenziale entlang der Schwäbischen Donau auf. Insgesamt könnten in der Region fast 3 Milliarden Euro Schaden entstehen – bei einem HQ100 liegt das erwartete Schadenspotenzial bei rund 120 Million Euro, sofern alle Deiche der Belastung standhalten. Besonders betroffen wären Neu-Ulm, Günzburg bis Gundelfingen sowie Donauwörth. Aber fast in allen Kommunen würden bei einem Extrem-Hochwasser Schäden in Millionenhöhe drohen.

Schadenspotenzial: Besonders rund um Neu-Ulm, Günzburg bis Gundelfingen und Donauwörth ist das Schadenspotenzial sehr hochBild vergrössern Schadenspotenzial: Besonders rund um Neu-Ulm, Günzburg bis Gundelfingen und Donauwörth ist das Schadenspotenzial sehr hoch


Schadenspotential an der schwäbischen Donau
Hochwasser
Direkter Sachschaden bei
einmaligem Eintritt (ohne
Deichversagen), gerundet
Betroffene Einwohner, gerundet
HQ100
120 Mio. €
4.000
HQextrem
2,9 Mrd. €
19.000

Im Rahmen des Hochwasserdialogs machten die wichtigsten Interessensvertreter ihre Anliegen klar: Alle ausstehenden Grundschutzprojekte, auch durch Deichrückverlegungen unter Einbindung der Kommunen, sollen vorangetrieben werden. Im Hochwasserfall soll Wasser möglichst zunächst in den Auwäldern und erst danach in landwirtschaftlichen Flächen zurückgehalten werden. Außerdem ist die Sicherung der Infrastruktur (insbesondere Trinkwasserversorgung) sowie der Bebauung von besonderer Bedeutung. Weiterhin sollen die Staustufen in Bezug auf ihr Hochwasserschutzpotenzial näher untersucht werden. Doch nicht nur entlang der Donau, sondern auch an den Zubringern und Nebengewässern, sollten Maßnahmen getroffen werden.

Ziele des erweiterten Rückhalte-Projekts

Der Freistaat Bayern - vertreten durch das Wasserwirtschaftsamt Donauwörth - hat im Rahmen des Aktionsprogramms die Verantwortung für das erweiterte Rückhalte-Projekt, das als Reserve für den Katastrophenfall entwickelt wird. Dabei gilt es, den Erhalt der Funktionsfähigkeit der Region während und nach einem sehr großen Hochwasser sicherzustellen.

Oberstes Ziel des erweiterten Rückhalte-Projekts ist die Hochwasserschutzwirkung. Konkret besteht dieses Ziel aus 3 Teilzielen:

Ziele des erweiterten Rückhalte-Projekts: Funktionsfähigkeit der Region, kein Hochwasserexport und Entlastung der UnterliegerBild vergrössern Ziele des erweiterten Rückhalte-Projekts: Funktionsfähigkeit der Region, kein Hochwasserexport und Entlastung der Unterlieger

Weitere Projektziele sind:

  • Minimale Flächenbeanspruchung
  • Minimierung der Kosten in Herstellung, Betrieb und Unterhalt
  • Maximale Betriebssicherheit
  • Nutzung von Synergieeffekten (für sensible Nutzungen)
  • Minimierung der Eingriffe in den Naturhaushalt
  • Einpassung ins Landschaftsbild / Naherholung
  • Verbesserung der Ökologie

Gesteuerter Rückhalt

Für extreme Hochwasserereignisse reichen der natürliche Rückhalt sowie der Grundschutz oft nicht aus. Die natürlichen Rückhalteräume sind vor Eintreffen des höchsten Abfluss-Scheitels bereits mit Wasser vollgelaufen. Bei solchen Extremereignissen sind gesteuerte Rückhaltemaßnahmen besser geeignet als andere Maßnahmen. Flutpolder dienen auch als Reserve für den Katastrophenfall, wenn Deiche überströmt werden und zu brechen drohen.

Im Ergebnis mehrerer Bewertungsschritte der durchgeführten Bedarfsplanung haben sich Standorte bei Leipheim nördlich der Donau und bei Helmeringen und im Neugeschüttwörth südlich der Donau als weiter zu verfolgende Kombination an gesteuerten Rückhalten (Flutpoldern) ergeben. Für die Standortauswahl bedurfte es einer Vorgehensweise mittels objektiver Kriterien:

  • Im ersten Schritt stellte man sich folgende Fragen: Wo wäre ein Rückhalteraum überhaupt machbar? Dabei sollte es sich vorzugsweise um Wald- und Wasserflächen, aber auch um Landwirtschaftsflächen in den Donau-Niederungen mit einem erzielbaren Speichervolumen von mindestens 5 Mio. m³ handeln. Daraus ergaben sich zwölf mögliche Standorte, die weiter untersucht wurden.
Zwölf potenzielle Standorte für gesteuerten RückhaltBild vergrössern Zwölf potenzielle Standorte für gesteuerten Rückhalt
  • Im nächsten Schritt – der Bewertungsstufe 1 - folgte die Sensitivitätsuntersuchung: Dies bedeutet, dass die zwölf möglichen Standorte anhand der Kriterien Hochwasserwirkung, Flächenbedarf, technische Standortbedingungen sowie Landschaft und Naherholung untersucht wurden. Dazu wurden diese Kriterien sechsmal unterschiedlich stark gewichtet und miteinander verglichen. Somit blieben nur noch acht mögliche Standorte übrig, da sich vier Standorte als weniger geeignet herausstellten.
Sensitivitätsuntersuchung: Unterschiedliche Gewichtungen zur Bewertung - Ergebnis der ersten BewertungsstufeBild vergrössern Sensitivitätsuntersuchung: Unterschiedliche Gewichtungen zur Bewertung - Ergebnis der ersten Bewertungsstufe
  • In der Bewertungsstufe 2 wurden die Kosten der einzelnen Standorte miteinander verglichen. Drei Standorte (Neugeschüttwörth b, Leipheim und Helmeringen) schnitten sowohl bei der Sensitivitätsuntersuchung, als auch beim Kostenvergleich am besten ab und werden deshalb weiter untersucht.
Ergebnis der zweiten BewertungsstufeBild vergrössern Ergebnis der zweiten Bewertungsstufe

Im Rahmen der Bedarfsplanung wurden keine fixen Dammlinien oder exakte Volumen geplant. Die Flächen stellen zunächst nur den ersten Planungsumgriff dar und noch nicht die tatsächliche Polderfläche.

Parallel wird außerdem untersucht, welchen Beitrag bestehende Staustufen für den Hochwasserschutz leisten könnten. Die TU München führte dazu im Auftrag des Landesamtes für Umwelt (LfU) detaillierte Erhebungen durch. Dazu zählt auch eine Untersuchung der Bewirtschaftung der gesamten Staustufenkette an der Donau. Zwischenergebnisse an einzelnen Staustufen bestätigen die bei großen Hochwasserereignissen begrenzte Möglichkeit der Vorabsenkung.

Ungesteuerter Rückhalt

Natürlicher Rückhalt dient nicht nur dem Hochwasserschutz, sondern auch der Ökologie. Insgesamt wurden im Rahmen der Bedarfsplanung sechs Altdeichabschnitte entlang der Schwäbischen Donau für den natürlichen Rückhalt, zum Beispiel durch die Rückverlegung von Deichen ins Hinterland, identifiziert. So soll dem Fluss wieder mehr Raum gegeben werden.

Als grundsätzlich dafür geeignet wurden am nördlichen Donauufer der Bereich nach Höchstädt sowie das Gebiet vor Tapfheim und vor Donauwörth identifiziert. Südlich der Donau stehen Bereiche bei Bischofswörth, Christianswörth und nach Neugeschüttwörth im Fokus.

Gesamtkonzept als Lösungsansatz

Um den Hochwasserschutz entlang der Schwäbischen Donau zu verbessern wurde als Ergebnis der Bedarfsplanung und zusammen mit der Öffentlichkeit das Gesamtkonzept Hochwasserschutz Aktionsprogramm Schwäbische Donau entwickelt.

Gesamtkonzept Hochwasserschutz Aktionsprogramm Schwäbische Donau - PDF