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Wertach vital - Ein lebendiger Fluss - Film
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Flyer Wertach vital - Ein Fluss lebt auf - PDF
Flyer Wertach vital - Mehr Platz zum Leben! - PDF
Flyer Wertach vital - Augsburg vom Ackermannwehr bis zum Goggeleswehr - PDF
Flyer Wertach vital - Jetzt geht's los - PDF
Flyer Wertach vital - von Bobingen bis Augsburg-Göggingen - PDF
Wertach vital - Pflege und Entwicklung
Freie Entwicklungsstrecke
Dem Fluss seinen Lauf lassen
Flüsse und Bäche verändern sich ständig, sofern wir es zulassen. Die Kraft des fließenden Wassers prägt den Lauf des Flusses und bestimmt seine Form, Tiefe und Breite. Bei Wertach vital konnten wir im Bereich zwischen den Rampen 1 und 2 auf einer Länge von rund einem Kilometer eine solche freie Entwicklung ermöglichen. Hier standen genug Flächen zur Verfügung ohne Siedlungsgebiete zu gefährden.
Im Winter 2001/02 wurde die Ufersicherung aus Wasserbausteinen entfernt. Seitdem kann sich der Fluss wieder frei entfalten, sich sein Bett und einen naturnahen Lebensraum für Tiere und Pflanzen selbst gestalten.
Im Hochwasserfall transportieren Flüsse Kies, Steine und Geröll mit sich, das sogenannte Geschiebe. An der Wertach ist dieser Geschiebetrieb durch die Staustufenkette und den Grüntensee im Oberlauf der Wertach allerdings gestört. Es gelangt praktisch kein Geschiebe mehr in den Bereich von Wertach vital. Hier schafft die freie Entwicklungsstrecke Abhilfe. Bei Hochwasserereignissen steigt die Kraft des Wassers auf die Ufer und schwemmt Kies aus den Uferbereichen mit. Deswegen wurden die Uferbereiche bei der Maßnahme auch nicht abgeflacht, wie in den Beispielgrafiken oben angegeben, sondern bewusst steil gelassen. So werden Uferanbrüche begünstigt und der Geschiebetrieb flussabwärts wieder reaktiviert. Die Planungen sehen einen Entwicklungskorridor von 50 Metern auf jeder Seite für diese Entwicklung vor. Aus dieser Fläche soll sich die Wertach über viele Jahrzehnte hinweg wieder Geschiebe holen, so dass sich die Bereiche Flussabwärts mit diesem Geschiebe wieder umlagern können.
Bisherig Entwicklung
Weil Geschiebe nur bei Hochwasserereignissen im Fluss transportiert wird, muss die Entwicklung der Wertach in diesem Bereich nicht in Jahren, sondern in Hochwasserereignissen betrachtet werden.
Wenige Monate nach Entnahme der Ufersicherung kam es beim Augusthochwasser 2002, einem rund 10-jährlichen Hochwasserereignis, zu ersten massiven Böschungserosionen und Sohlveränderungen. Es kam zu einer Aufweitung des Gewässerbettes um rund 10 Meter.
In einer Studie aus dem Jahr 2004 zur "Eigendynamischen Gewässerentwicklung – Ein Vergleich zwischen numerischer Simulation und Wirklichkeit" betrachtete die TU München diesen Gewässerabschnitt. Im Ergebnis wurde abgeschätzt, dass eine weitere Breitenzunahme, ohne weitere unterstützende Maßnahmen, von rund 4 bis 7 Metern zu erwarten ist.
Beim Augusthochwasser 2005, einem rund 5-jährlichen Hochwasserereignis, kam es dann auch lediglich zur sehr wenigen Uferanbrüchen und Verlagerungen. Deswegen entschieden wir uns die natürliche Entwicklung mit der Einbringung von Raubäumen zusätzlich anzuregen.
Das Junihochwasser 2013, ein rund 5-jährlichen Hochwasserereignis, brachte dann wieder bedeutend mehr Dynamik mit sich. Dies verdeutlichen zwei Uferanbrüche mit Längen von jeweils rund 250 Metern. 2015 wurden die Raubäumen mit einem Leitwerk aus Kieszugabe und Wasserbausteinen weiter verstärk um die Entwicklung weiter zu unterstützen.
Uferanbrüche in der freien Entwicklungsstrecke
Ausblick
Die Entwicklung dieses Abschnittes setzt sich weiter fort und wird von uns beobachtet. Im gesamten Bereich sind Steilufer die jederzeit anbrechen können, deswegen bitten wir um Verständnis, dass es keine uferbegleitenden Wege. Dazu soll sich die Natur hier möglichst frei entfalten können.
PEPL - Pflege- und Entwicklungsplan
Die Arbeiten zu Wertach vital in der Strecke Inningen - Göggingen (Wertach vital I) sind im Jahr 2009 weitgehend vollendet worden, die Natur ist zurückgekehrt. Nun kann die Wertach in ihrem neuen Bett freier pendeln. Den zahlreichen Tieren und Pflanzen, die sich seitdem dort angesiedelt haben, bietet sie wertvollen Lebensraum.
Wertach vital war von Anfang an ein vom Freistaat Bayern in Offener Planung entwickeltes Projekt für Hochwasserschutz, Stabilisierung gegen Eintiefung und zur Förderung der Naherholung. Die strukturellen Probleme der Wertach, die durch die Begradigung, Laufverkürzung und den Geschiebemangel im 19. Jahrhundert entstanden waren, konnten so nachhaltig gelöst werden.
Leitgedanke war die notwendige Flusssanierung und den Hochwasserschutz, am natürlichen Vorbild entwickelt, umzusetzen. Die ehemalige Flussaue sollte in ihrer natürlichen Vielfalt weitgehend wieder entstehen.
Nach dem Abschluss von Wertach vital im Abschnitt zwischen Staustufe Inningen und Ackermannwehr wurde bilanziert, ob die gesteckten Ziele erreicht wurden:
- Hochwasserschutz:
Er ist für ein hundertjährliches Ereignis erreicht. Das Hochwasser 2002 floss ohne Probleme zu verursachen durch Augsburg. - Eintiefung:
Sie wurde zwischen Inninger und Gögginger Brücke mit dem Offenen Deckwerk gestoppt. In der freien Entwicklungsstrecke bringt die wieder zugelassene Seitenerosion zusätzlich Geschiebe ins Flussbett. - Natur:
Sie zeigt durch das wieder Auftreten von fließgewässertypischen, davor abgewanderten, Tierarten eine Wiederbelebung.
Bereits vor Beginn der Maßnahmen ließ das Wasserwirtschaftsamt Donauwörth 1999 mit umfangreichen Bestandserhebungen Flora und Fauna erfassen.
Für eine erste Bilanz untersuchten Gutachter 2011 ein zweites Mal folgende Bereiche:
- Biologie im Gewässer
- Flora und Fauna
- Den Fischbestand
- die Gewässerstruktur
PEPL
Aufbauend auf den Ergebnissen der Gutachter wurde im Auftrag des Wasserwirtschaftsamtes Donauwörth ein Pflege- und Entwicklungskonzept (kurz PEPL) aufgestellt. Der PEPL ist ein unverbindlicher Naturschutzfachplan, der als Handlungskonzept für den Schutz, die Pflege und die Entwicklung schützenswerter Landschaftsteile erstellt wird.
In einem Abstimmungsprozess wurden die Interessen der Bürger, der Forst- und Landwirtschaft, der Fischerei, des Naturschutzes und der Naherholung mit aufgenommen.
Entstanden ist ein Konzept, dass die hohe Vielzahl an Lebensräumen an der Wertach nach-haltig bewahrt und fördert. So wird sich die Wertach auch zukünftig als strukturreiche Wildflusslandschaft präsentieren, die sowohl für den Mensch als auch für die Natur einen bedeutsamen Lebensraum darstellt.
Wesentliche Inhalte des PEPL sind:
- Gemähte Uferbereiche fördern die Entwicklung der typischen Magerrasen einer Wildflusslandschaft und gewährleisten, dass die Wertach für die Bevölkerung erlebbar bleibt.
- Uferbereiche die einer natürlichen Entwicklung überlassen werden dienen dabei als wichtige Rückzugsräume für viele Arten und erhöhen die Biotopvielfalt der Landschaft.
- Das Offenhalten bzw. Räumen der Kiesbänke trägt zur Förderung der natürlichen Flussdynamik und dem Erhalt typischer Lebensräume einer alpinen Flusses bei.
- Besondere Blickbeziehungen werden dauerhaft von Bewuchs freigehalten um die Erlebbarkeit der Flusslandschaft zu verbessern.
- Die regelmäßige Mahd der Hochwasserschutzdeiche dient unter anderem der Entwicklung von großflächigen zusammenhängenden Magerrasen die einen hohen Wert für den Naturhaushalt haben.
Für den PEPL wurde im Jahr 2011 folgendes kartiert und bewertet :
Gewässerstruktur
Die Gewässerstruktur wird gebildet aus Linienführung, Längs- und Querprofil, Bestandteile der Sohle, Geschiebe, Strömungsvielfalt, Vegetation und ihrem funktionalen Zusammenspiel. Sie werden in 100 m – Abschnitten aufgenommen und bewertet. In einer 7-stufigen Skala kann die Gesamtstruktur dann bewertet werden.
Im Vergleich zu einem eintönigen Zustand vor dem Ausbau hat sich die Struktur der renaturierten Wertach bereits in der ersten fünf Jahren um zwei Klassen verbessert. Die vorhandenen Wälder stärken wesentlich die Aufwertung der renaturierten Strecke.
Fischbestand
Der Fischbestand der Wertach ist einer der wichtigsten Indikatoren für die Beurteilung des ökologischen Zustands unserer Gewässer. Da die Fische die Strukturveränderungen am deutlichsten abbilden, kann durch die Untersuchung des Fischbestandes sehr gut auf die Wirkung der flussbaulichen Maßnahmen geschlossen werden.
Die positiven Veränderungen des Fischbestandes sind im Bereich von Wertach vital sehr deutlich in Richtung der fließgewässertypischen, standortheimischen Fischarten festzustellen. Die nachgewiesene Reproduktion der Rote Liste Arten Äsche, Barbe, Huchen, Elritze und Schneider zeigt eindrücklich die Wirksamkeit der neuen Laichhabitate. Der Nachweis der in der Untersuchung 1999 nicht vorkommenden Fischarten Huchen, Koppe, Rutte und Schmerle kann als sehr großer Erfolg der Renaturierungsmaßnahmen gewertet werden. Mit der Rückkehr dieser typischen Wertachfische kann die nachhaltige Verbesserung des ökologischen Zustands deutlich aufgezeigt werden. Untypische Arten wie Karpfen, Schleie, Giebel oder Brachse sind in der neuen Wertach nicht mehr oder nur noch gering vertreten. Insgesamt ergaben die Untersuchungen sowohl bei Anzahl als auch bei der Gesamtbiomasse der Fische eine Steigerung um das Dreifache seit 1999.
Speziell die im Flussbett eingebrachten Bäume entpuppten sich als wahre Fischparadiese. Die dadurch geschaffenen Rückzugsräume bieten Wintereinstände und schützen die Fische zudem vor fischfressenden Vögeln. Allerdings handelt es sich hierbei um temporäre Maßnahmen, die mit den Jahren ihre Wirkung immer mehr verlieren. Deshalb müssen über Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen entsprechende Strukturen im Gewässer regelmäßig erneuert werden. Zudem ist durch den natürlichen Bewuchs mit Weidenbüschen ein natürliches Entstehen der Gehölzstrukturen zu beobachten.
Die folgenden Jahre bleiben in diesem Bereich spannend: Sie werden zeigen, wie sich die Erholung der Fischbestände fortsetzen wird. Von besonderem Interesse ist hierbei sicherlich der Huchen (Donaulachs). Entscheiden wird für diese Art und für die im Bestand bedrohte Fischart Nase die Wiederherstellung der Durchgängigkeit der angrenzenden Flussabschnitte der Wertach und des Lech sein. Beide Fischarten führen weite Wanderungen durch und sind somit auf frei durchwanderbare Flüsse angewiesen.
Gewässerbiologie (ohne Fischfauna)
Hier wurden die Kleinlebewesen des Gewässers erfasst und gemäß der EG-Wasserrahmenrichtlinie (kurz WRRL) bewertet.
Durch die Stauhaltungen der Wasserkraftanlagen hat sich der natürliche Typus der Wertach in Richtung eines strömungsberuhigten und wärmeren Gewässers verändert. Verschärfend wirken Nährstoffbelastungen aus der Fläche im Einzugsgebiet und durch punktuelle Einleitungen.
Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass die Renaturierung durch Wertach vital zur Verbesserung der Lebensgemeinschaft im und am Fluss beiträgt. Sie kann die oben genannten Auswirkungen jedoch nur teilweise auffangen. Eine Zuwanderung von typischen Fließgewässerarten in diesen Bereich ist durch Stauanlagen, Wehre und Abstürze an Wertach und Lech weiterhin erschwert. Gemäß der nach EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) vorzunehmenden Bewertung erreicht die Wertach bezüglich ihres faunistischen biologischen Zustandes das gute ökologische Potenzial. Die zur Bewertung der Nährstoffbelastung herangezogenen Wasserpflanzen ergeben in der WRRL-Bewertung nur den mäßigen Zustand.
Eine abschließende Bewertung der Renaturierung bezüglich einer möglicherweise noch deutlicheren nachhaltigen Verbesserung der Gewässerlebensgemeinschaften ist erst nach einer längeren Zeit der Entwicklung möglich
Flora
Es wurden 37 Dauerbeobachtungsflächen zu je 25 m2 eingerichtet, die für das Gebiet charakteristisch sind. In diesen Flächen wurden die Lebensraum- und Biotoptypen erfasst. Daraus lassen sich Aussagen für die künftige Besiedlung der Uferstreifen ableiten.
Durch die bis zum Jahr 2007 erfolgte Umgestaltung des Ufers befinden sich die kartierten Flächen noch in teils reger Entwicklung. Daher bilden die einzelnen untersuchten Flächen Pflanzengesellschaften, bei denen die jeweils beherrschende Art kartiert worden ist.
An Lebensraumtypen sind vorhanden
- Grünland, teilweise mager
- Heiden und Magerrasen, teilweise Initialzustände, mit vielen seltenen Arten
- Kiesflächen, steile und flache Stellen als wichtige Strukturen
- Ruderalfluren mit Röhricht, Weidenjungwuchs, Altgrasfluren
- Weidengebüsche
- Forsten und Wälder
Statt der einst eintönig, gleichmäßig fließenden Wertach und dem eintönig begleitenden Wald gibt es heute einen vielfältig strukturierten Fluss mit unterschiedlich bewachsenen Kiesinseln, Röhricht, Magerrasen und Heiden als naturnahen, vielfältigen Lebensraum.
Fauna
Bei den Tiergruppen-Untersuchungen erfassten die Gutachter den heute vorhandenen Tierbestand und haben Prognosen für die künftige Besiedlung getroffen.
Art | Gefährdung |
---|---|
Große Bartfledermaus | Rote Liste Bayern 2: stark gefährdet |
Flussregenpfeifer | Rote Liste Bayern 3: gefährdet - NEU, Renaturierungserfolg |
Flussuferläufer | Rote Liste Bayern 1: vom Aussterben bedroht - NEU, Renaturierungserfolg |
Gänsesäger | Rote Liste Bayern 2: stark gefährdet |
Ringelnattervorkommen | Rote Liste Bayern 3: gefährdet |
Gebänderte Prachtlibelle | Rote Liste Bayern 3: gefährdet |
Kleinen Zangenlibelle | Rote Liste Bayern 2: stark gefährdet - NEU, Renaturierungserfolg |
Sand-Laufkäfer | Rote Liste Bayern 2: stark gefährdet |
LehmstellenSammetläufer | Rote Liste Bayern 3: gefährdet - NEU |
Landschnecken | Verbesserte Bestände in offenen, warmtrockenen Bereichen; Auwaldbewohner leiden unter geringeren Vernässungsgraden wegen fehlender Überflutungen |
Dazu kommt eine deutliche Zunahme seltener Arten in den Gewässerlebensräumen Wasser, Kiesbänken und Ufer.
Bereich | Einstufung nach RECK |
---|---|
Kiesbänke und Kiesufer | teilweise regionaler Bedeutung (Wertstufe 7) |
Auwälder | punktuell regional bedeutsam (Wertstufe 7) |
Stillgewässer | Fledermausjagdraum lokal bedeutsam (Wertstufe 6) |
Magerrasenheide unterhalb der Staustufe Inningen | regionale Bedeutung (Wertstufe 7) |